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Reiserecht - Veranstalter

Umsetzung der EU-Pauschalreiserichtlinie

Das neue Reiserecht ist ab dem 1. Juli 2018 anzuwenden. Grundlage dafür ist die überarbeitete EU-Pauschalreiserichtlinie. Diese berücksichtigt Online-Angebote und stärkt den Verbraucherschutz. Zudem soll in allen EU-Mitgliedstaaten das gleiche Recht gelten („Vollharmonisierung“). Durch die Umsetzung der Richtlinie wird das deutsche Reiserecht geändert. Neu sind vor allem Regelungen zur Reisevermittlung und die Vermittlung „verbundener Reiseleistungen“. Weiterhin werden die reiserechtlichen Informationspflichten erweitert, die nun auch stärker den reinen Vermittler treffen. Es gibt eine Vielzahl von Formblättern, die bei der Buchung einer Pauschalreise oder bei der Vermittlung von verbundenen Reiseleistungen an den Kunden übergeben werden müssen.

Reiseveranstalter im Direkt- oder Agenturvertrieb

Die neuen Regelungen betreffen die Anbieter von Pauschalreisen, die Reisevermittler sowie die Vermittler von touristischen Einzelbausteinen als verbundene Reiseleistung (z.B. Flug, Hotel etc.). Die wichtigsten Neuerungen für den Vertrieb von Reisen bestehen in der Erweiterung der vorvertraglichen Informationspflichten des Reisenden. Der Begriff der Pauschalreise ist neu gefasst. Weiterhin gibt es Änderungen bei der Verjährungs- und Ausschlussfrist, dem Recht des Veranstalters zur Preiserhöhung, bei den Rechten des Reisenden und im Falle des Auftretens von außergewöhnlichen Umständen.

Pauschalreise, Reiseleistung, Reisender

Eine Pauschalreise ist ein „Paket“ von mindestens zwei verschiedenen Arten von Reiseleistungen für die gleiche Reise. Es gibt folgende Reiseleistungen:

(1): Beförderung von Personen mit sämtlichen Beförderungsmitteln. Dazu gehören auch kleinere Beförderungsleistungen, wie beispielsweise ein Transfer zwischen einem Hotel und einem Flughafen bzw. einem Bahnhof oder eine Personenbeförderung im Rahmen einer Führung.

(2): Beherbergung unabhängig von der Unterkunftsart (Hotel, Pension, Ferienwohnung, Hostel, Campingplatz etc.).

(3): Vermietung vierrädriger Kraftfahrzeuge sowie von Krafträdern

(4): Jede weitere touristische Leistung, die nicht unter (1) bis (3) erfasst ist und die kein Bestandteil einer anderen Reiseleistung ist. Dazu gehören z.B. Stadtführungen, Skipässen, Eintrittskarten in Theater oder Wellnessbehandlungen.

Ausnahmeregelung: Es handelt sich nicht um eine Pauschalreise, wenn nur eine der Reiseleistung der Nummern (1) bis (3) (also Personenbeförderung, Beherbergung, Vermietung von Kraftfahrzeugen bzw. Krafträdern) mit einer oder mehreren touristischen Leistungen (4) zusammengestellt wird und die touristischen Leistungen keinen erheblichen Anteil am Gesamtwert der Zusammenstellung (weniger als 25 %) ausmachen und auch kein wesentliches Merkmal der Zusammenstellung darstellen oder als solches beworben werden.

Werden Begriffe wie „Pauschalreise“, „Pauschale“, „Package“ oder „Arrangement“ in der werblichen Kommunikation mit dem Kunden verwendet, wird das Angebot automatisch zur Pauschalreise und auch so behandelt.

Der Reisende ist der Vertragspartner des Reiseveranstalters. Er kann die Reiseleistungen selbst in Anspruch nehmen, er kann den Vertrag aber auch für andere Teilnehmer schließen.
Der Reisende muss keine Privatperson sein, vielmehr ist nach den neuen Regelungen auch der Unternehmer im Sinne des § 14 BGB vom Anwendungsbereich des Reiserechts erfasst (Geschäftsreisen), sofern er nicht über einen Rahmenvertrag bucht. Damit fallen auch „Incentive-Reisen“ unter das neue Reiserecht, es sei denn es existiert ein zuvor geschlossener Rahmenvertrag zwischen Veranstalter und Unternehmer.

Der neue § 651 a BGB stellt klar, dass es egal ist, ob der Reisende ein schon „fertiges“ Paket bucht oder aber die Reiseleistungen auf Wunsch des Reisenden zusammengestellt werden.

Tagesreisen (weniger als 24 Std. / keine Übernachtung) fallen nicht mehr unter das Reiserecht, außer der Reisepreis pro Person ist höher als 500 Euro. Außerdem sind Gelegenheitsveranstalter, welche Reisen nicht zum Zwecke der Gewinnerzielung durchführen und nur einem begrenzten Teilnehmerkreis anbieten, ausgenommen (z. B. die einmal im Jahr organisierte Vereinsreise für dessen Mitglieder). Die gewerbliche Vermarktung von Ferienwohnungen oder Ferienhäusern als Einzelleistung fällt ebenfalls nicht mehr unter das neue Reiserecht.

Neben dem Verkauf eigener Pauschalen, vermitteln Reiseveranstalter häufig auch Zusatzleistungen. Verbundene Reisearrangements bestehen aus mindestens zwei Reiseleistungen, welche für dieselbe Reise erworben, für die aber separate Verträge abgeschlossen werden.

Ein Reiseveranstalter wird also auch zum Vermittler verbundener Reiseleistungen, wenn er im Zusammenhang mit der Buchung einer Pauschalreise mindestens zwei weitere zusätzliche Verträge mit anderen Unternehmern an seine Kunden vermittelt z. B. neben der Buchung der Pauschalreise wird ein Mietwagen vor Ort und eine Bahnfahrkarte zusätzlich vermittelt. Auch bei der verbundenen Reiseleitung gilt die 25 %-Regelung. Ein verbundenes Reisearrangement ist zwar keine Pauschalreise, dennoch hat der Vermittler verbundener Reiseleistungen neue Pflichten zu erfüllen.

Informationspflichten werden ausgeweitet

Reiseveranstalter und Vermittler haben zukünftig die gleichen Informationspflichten gegenüber dem Kunden. Dem Reisenden muss – bevor dieser seine Vertragserklärung abgibt - ein Musterformblatt übergeben werden, das ihn über seine Rechte als Pauschalreisender oder bei der Buchung verbundener Reiseleistungen informiert. Der Reiseveranstalter muss die Vermittler bei der Erstellung des Formblatts unterstützen. Das heißt, er muss Angaben zur Unternehmensidentität und dem Namen sowie der Hausanschrift des Insolvenzversicherungsunternehmens machen.

Bei Abschluss eines Pauschalreisevertrages muss über folgende

(1) Eigenschaften der Reise informiert werden:
a)    Den Bestimmungsort oder, wenn die Pauschalreise mehrere Aufenthalte umfasst, die einzelnen Bestimmungsorte sowie die einzelnen Zeiträume (neu: exakte Datumsangabe und Anzahl der Übernachtungen),
b)    Reiseroute,
c)    Transportmittel (Merkmale und Klasse),
d)    Ort, Tag und Zeit der Abreise und der Rückreise oder, sofern eine genaue Zeitangabe noch nicht möglich ist, ungefähre Zeit der Abreise und Rückreise, ferner Orte und Dauer von Zwischenstationen sowie die dort zu erreichenden Anschlussverbindungen,
e)    Unterkunft (Lage, Hauptmerkmale und gegebenenfalls touristische Einstufung der Unterkunft nach den Regeln des jeweiligen Bestimmungslandes),
f)    Mahlzeiten,
g)    Besichtigungen, Ausflüge, sonstige im Reisepreis inbegriffene Leistungen,
h)    sofern dies nicht aus dem Zusammenhang hervorgeht, die Angabe, ob eine der Reiseleistungen für den Reisenden als Teil einer Gruppe erbracht wird, und falls ja, sofern möglich, die Angabe der ungefähren Gruppengröße,
i)    die Sprache, in der diese Leistungen erbracht werden, sofern deren Nutzung durch den Reisenden von einer wirksamen mündlichen Kommunikation abhängt, und
j)    die Angabe, ob eine Pauschalreise im Allgemeinen für Personen mit eingeschränkter Mobilität geeignet ist, sowie auf Verlangen des Reisenden genaue Informationen über eine solche Eignung unter Berücksichtigung der Bedürfnisse des Reisenden.

Außerdem muss der Reisende informiert werden über:
(2)    die Firma / den Namen des Reiseveranstalters, die Anschrift des Ortes, an dem er niedergelassen ist, die Telefonnummer und ggf. die E-Mail-Adresse;
(3)    den Reisepreis einschließlich Steuern, aller zusätzlichen Gebühren, Entgelte und sonstigen Kosten; die Zahlungsmodalitäten einschließlich des Betrags oder des Prozentsatzes des Reisepreises, der als Anzahlung zu leisten ist;
(4)    die für die Durchführung der Pauschalreise erforderliche Mindestteilnehmerzahl sowie die Angabe, bis zu welchem Zeitpunkt vor dem vertraglich vereinbarten Reisebeginn dem Reisenden die Rücktrittserklärung des Reiseveranstalters gemäß §651h Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zugegangen sein muss;
(5)    allgemeine Pass- und Visumserfordernisse des Bestimmungslands, einschließlich der ungefähren Fristen für die Erlangung von Visa, sowie gesundheitspolizeiliche Formalitäten;
(6)    den Hinweis, dass der Reisende vor Reisebeginn gegen Zahlung einer angemessenen Entschädigung oder ggf. einer vom Reiseveranstalter verlangten Entschädigungspauschale jederzeit vom Vertrag zurücktreten kann;
(7)    den Hinweis auf den möglichen Abschluss einer Reiserücktrittskostenversicherung oder einer Versicherung zur Deckung der Kosten einer Unterstützung einschließlich einer Rückbeförderung bei Unfall, Krankheit oder Tod.

Konsequenzen für Allgemeine Geschäftsbedingungen / Reisebedingungen

Aktualisierte AGBs ab 1. Juli 2018 notwendig!

Die Neuregelungen gelten für alle Vertragsabschlüsse ab dem 01.07.2018. Das heißt Reiseveranstalter müssen ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Reisebeschreibungen für Vertragsabschlüsse bis zum 30.06.2018 nach dem geltenden Recht ausrichten und für Verträge ab dem 01.07.2018 den neuen Vorschriften anpassen. Denkbar ist die Verwendung von zwei Katalogen, am 01.07.2018 wird der Katalog mit den neuen AGBs gegen den Katalog mit den alten AGBs ersetzt. Oder aber der Reiseveranstalter gestaltet die AGB als gesonderte Beilage zum Katalog und tauscht die alte Fassung im Vertrieb aus.

Konsequenzen auf weitere Rechte des Reisenden & Pflichten des Reiseveranstalters

Künftig wird die Möglichkeit der nachvertraglichen Preiserhöhung (bis zu 8%) an folgende Bedingung geknüpft : In den AGBs des Veranstalters muss nicht nur  ein vertragliches Erhöhungsrecht, sondern auch die Pflicht zur Weitergabe von Preissenkungen an den Kunden enthalten sein. Eine Erhöhung ist nur möglich, wenn sich Energiekosten beim Transport (Kerosin), Steuern oder Abgaben (Flughafensteuern) oder Wechselkurse ändern. Der Kunde muss bis spätestens 20 Tage vor Reisebeginn unterrichtet werden. Die Pflicht der Weitergabe von Preissenkungen wird mit großer Wahrscheinlichkeit dazu führen, dass eine Vielzahl von Veranstaltern auf die Preiserhöhungsklauseln ganz verzichtet.

Die Insolvenzpflicht des Reiseveranstalters bleibt bestehen. Der Veranstalter von Pauschalreisen
ist nach wie vor verpflichtet, einen Versicherungsvertrag mit einer Versicherung oder einem Kreditin
stitut abzuschließen, wenn er Zahlungen des Reisenden auf den Reisepreis vor Beendigung der Pauschalreise annimmt. In diesem Fall muss er dem Reisenden auch den sog. „Sicherungsschein“
übergeben. Andernfalls darf er Zahlungen erst fordern und annehmen, wenn sämtliche Reiseleistungen erbracht worden sind.

Hinweis: Auch bei der Vermittlung verbundene Reisearrangements ist eine eigene Insolvenzversicherung notwendig, wenn für die vermittelten Leistungen Zahlungen vom Reisenden vor Abreise entgegengenommen werden.

Haftungs- und Gewährleistungsvorschriften bleiben weitgehend gleich. Der Reisende hat das Recht auf Abhilfe und Selbstabhilfe, Kündigung, Minderung und Schadensersatz - auch wie bisher für entgangenen Urlaubsfreuden. Die bisherige Regelung zum Kündigungsrecht wegen höherer Gewalt § 651 j BGB entfällt. Anstelle dessen tritt der Begriff „unvermeidbarer, außergewöhnlicher Umstände“.
Ist die im Reisevertrag vereinbarte Rückbeförderung aufgrund unvermeidbarer, außergewöhnlicher Umstände nicht möglich, so muss der Reiseveranstalter künftig die Kosten für die notwendige Unterbringung, nach Möglichkeit in einer gleichwertigen Kategorie, für einen Zeitraum von höchstens drei Nächten pro Reisendem übernehmen. Neu ist die Haftung für Buchungsfehler (§ 651 x BGB). Reiseveranstalter, Vermittler und Leistungsträger tragen künftig für technische Fehler ihrer Buchungssysteme die Verantwortung.

Die Ansprüche des Reisenden verjähren zwei Jahren nach dem vertraglichen Reiseende. Die Kürzung der Verjährung auf ein Jahr entfällt und auch die einmonatige Ausschlussfrist gibt es ab dem 01.07.2018 nicht mehr. Der Reisemangel muss nach wie vor unverzüglich angemeldet werden.

Vor Reiseantritt können sowohl der Reiseveranstalter (§ 651 h Abs. 4 Nr.2 BGB n.F.), als auch der Reisende (§ 651 h Abs. 1 BGB) wegen unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umständen kündigen. Nach Reiseantritt kann nur noch der Reisende nach der allgemeinen Vorschrift § 651 l Abs. 3 BGB kündigen.

Der Reiseveranstalter kann nach wie vor Stornogebühren bei einem Reiserücktritt verlangen. Er muss aber die Höhe der Entschädigung auf Nachfragen des Reisenden begründen. Die Stornosätze sollen den konkreten individuellen Gegebenheiten des jeweiligen Reiseveranstalters und dessen Reisearten angepasst sein. Sie können als Geldbetrag oder als Prozentsatz vom Reisepreis bestimmt werden. Hier wird es weiterhin der Rechtsprechung überlassen bleiben, was als eine zulässige Höhe von Stornogebühren anzusehen ist.

Schritte zur Umsetzung als Reiseveranstalter

  • Sind Sie mit Ihren Angeboten oder Teilen Ihrer Angebote als Pauschalreiseveranstalter oder Vermittler verbundener Reiseleistungen einzustufen?
  • Wenn  ja: Wird die Beschreibung  der betroffenen Angebote den erweiterten  Informationspflichten nach Art. 250 EGBGB gerecht?
  • Wenn nötig: Überarbeiten Sie Ihre Angebotsbeschreibung in sämtlichen Medien (Printmedien und Homepage) rechtzeitig, da diese ab dem 01.07.2018  den neuen Informationspflichten entsprechen müssen.
  • Werden die Reisen nicht (ausschließlich) im Eigenvertrieb abgesetzt, versorgen Sie die Vertriebsstellen rechtzeitig  mit den notwendigen Informationen.
  • Bereiten Sie vor dem 01.07.2018 das an den Reisenden zu verteilende Formblatt vor bzw. geben Sie Ihren Vertriebsstellen die notwendigen Angaben. Prüfen Sie mit Ihren Systembetreibern welche speziellen Möglichkeiten hier zur Verfügung stehen.
  • Entscheiden Sie, wie Sie die Erfüllung Ihrer Informationspflichten dokumentieren (z. B. Erstellung von Onlineprotokollen; Einholung der Unterschrift durch den Kunden).
  • Beachten Sie, dass die vorvertragliche Unterrichtung erfolgen muss, bevor der Kunde seine Buchungserklärung abgibt.
  • Erstellen Sie neue Allgemeine Geschäftsbedingungen entsprechend dem aktuellen Recht.  Das Gleiche gilt für den Inhalt Ihrer Buchungsbestätigung / Ihres Reisevertrages.
  • Überprüfen Sie den Buchungsprozess am Telefon auf Ihrer Homepage, also überall dort wo Verträge abgeschlossen werden.
  • Bei der Vermittlung verbundener Reiseleistungen: Trennen Sie die Buchungsschritte so, dass dem Gast unmissverständlich klar ist, dass er mehrere Verträge mit verschiedenen Leistungsträgern abschließt.
  • Prüfen Sie, ob  Ihre Versicherungen Ihre Angebote ausreichend absichern,  vor allem  Haftpflichtversicherung  und  Insolvenzversicherung.
  • Nicht vergessen: Schulen Sie Ihre Mitarbeiter!

Zusammenfassung

Zur Erfüllung der neuen Vorgaben ist eine umfangreiche Einarbeitung in die komplexe Materie notwendig. Die Unternehmen der Tourismuswirtschaft müssen sich rechtzeitig mit dem neuen Recht befassen, da es für alle Verträge gilt, die ab dem 01.07.2018 geschlossen werden.  Kataloge und Reiseausschreibungen  werden aber bereits jetzt erstellt. Aus Sicht der Reiseveranstalter zu begrüßen ist sicherlich die Tatsache, dass die Erweiterung der Vermittlerpflichten insbesondere  bei der Vermittlung mehrerer Einzelleistungen dazu führt, dass eine „Flucht in die Vermittlerrolle“ nicht mehr so einfach möglich ist, um der Anwendbarkeit des Reiserechts zu entkommen. Die  Erweiterung der Informationspflichten ist Anlass, sich eingehend mit Reiseprospekten und Beschreibungen zu beschäftigen, Unterlagen eingehend zu prüfen und ggf. anzupassen.

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