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Schiedsgutachten
Ziel der schiedsgutachterlichen Entscheidung und Aufgabe des Schiedsgutachters
1. Ziel des Schiedsgutachtens ist es, Meinungsverschiedenheiten von Vertragsparteien über den Inhalt, die Auslegung oder die Anpassung eines Vertrages durch einen unabhängigen, unparteiischen und fachlich kompetenten Person verbindlich klären zu lassen. Der Gang zum Gericht soll dadurch vermieden werden, bleibt aber möglich, wenn das vom Schiedsgutachter festgestellte Ergebnis grob unbillig oder grob unrichtig ist.
2. Aufgabe des Schiedsgutachters ist es, im Rahmen eines Rechtsverhältnisses für die Vertragsparteien zweifelhafte oder umstrittene Punkte zu klären und verbindliche Entscheidungen zu treffen. Gegenstand der Leistungsbestimmung, die nicht in allen Fällen ein umfassendes Gutachten sein muss, kann dabei im Grundsatz alles sein, was sich begutachten lässt und nicht gegen zwingende gesetzliche Normen verstößt.
Beispiele für gutachterliche Tätigkeiten:
- Tatsachengutachten:
Die Parteien beauftragen den Schiedsgutachter, um tatsächliche Zustände und Eigenschaften von Anlagen, Einrichtungen, Warenlieferungen oder Werkleistungen zu untersuchen und zu beurteilen, Abrechnungsdifferenzen aufzuklären sowie Geschehensabläufe zu rekonstruieren, Ursachenzusammenhänge zu analysieren und das Ausmaß von Schäden festzustellen.
- Wertgutachten:
Die Parteien beauftragen den Schiedsgutachter, den angemessenen Kauf- oder Marktpreis einer Ware, den Verkehrs- oder Beleihungswert eines Grundstücks, den Wert eines Nachlasses oder den Wert einer Arztpraxis oder eines Unternehmens festzustellen.
- Anpassungsgutachten:
Die Parteien beauftragen einen Schiedsgutachter, den Erbbauzins, die vereinbarte Miete oder eine andere wiederkehrende Leistung im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses anhand eines vertraglich vorgegebenen bestimmten oder bestimmbaren Maßstabs den veränderten wirtschaftlichen Verhältnissen anzupassen.
Die Aufgabe des Schiedsgutachters besteht also darin, dass er für zwei Vertragsparteien eine Leistung nach billigem Ermessen erbringt, deren Ergebnis für beide Parteien verbindlich ist und nur bei grober Unbilligkeit oder grober Unrichtigkeit angefochten werden kann (§§ 317 – 319 BGB).
Kommt es später zu einem Rechtsstreit, ist das Gericht an die Feststellung des Schiedsgutachters gebunden und kann diese Verbindlichkeit nur aufheben, wenn sie – je nach erbrachter Leistung – grob unbillig oder grob unrichtig ist.
Form und Inhalt der Schiedsgutachtenvereinbarung
Werden sich Vertragsparteien über Unstimmigkeiten wie z. B. Sachmängel bei Kauf- oder Werkvertrag; Feststellung von Bauschäden anlässlich der Bauabnahme etc. nicht einig, wollen aber den zeit- und kostenaufwendigen Gang zum Gericht vermeiden, können die Parteien die Einschaltung einer fachkundigen und neutralen Person (regelmäßig ein öffentlich bestellter Sachverständiger) vereinbaren, der den umstrittenen Sachverhalt für beide Vertragspartner verbindlich feststellt.
Eine solche Vereinbarung für den Fall des Streits bezeichnet man als Schiedsgutachtenvereinbarung.
Durch die Schiedsgutachtenvereinbarung verpflichten sich die beiden Vertragspartner, bestimmte Zweifels- und Streitfragen nicht vor die staatlichen Zivilgerichte zu bringen, sondern ihre Klärung einem Schiedsgutachter anzuvertrauen.
Beispiel – für eine allgemeine Schiedsgutachtenvereinbarung
- Entstehen Unklarheiten oder Meinungsverschiedenheiten über tatsächliche Umstände, die für die Rechte und Pflichten aus diesem Vertrag wesentlich sein können, oder soll eine bestimmte Leistung geänderten wirtschaftlichen Verhältnissen angepasst werden, so soll ein Schiedsgutachten nach §§ 317 ff. BGB eingeholt werden. Beide Parteien konkretisieren vor der Beauftragung des Sachverständigen einvernehmlich den Streitgegenstand, zu dem der Sachverständige ein Schiedsgutachten erstellen soll, und geben ihm, falls erforderlich, Bewertungsmethoden und Entscheidungskriterien vor. Die in dem Schiedsgutachten getroffenen Feststellungen werden von den Parteien als verbindliche Grundlage zur Entscheidung des streitigen Sachverhaltes anerkannt.
- Als Schiedsgutachter soll ein öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger beauftragt werden, der von beiden Parteien einvernehmlich zu bestimmen ist. Kommt ein Einvernehmen innerhalb von 2 Wochen nicht zustande, so wird der Sachverständige auf schriftlichen Antrag einer Partei (alternativer Zusatz: nach Anhörung der anderen Partei) von der Industrie- und Handelskammer verbindlich für beide Parteien benannt. Ein von der Industrie- und Handelskammer benannter Sachverständiger kann von einer Partei auch allein beauftragt werden; sie wird dazu schon jetzt von der jeweils anderen Partei dazu bevollmächtigt. Seine Beauftragung kann von der anderen Partei nur aus wichtigem Grund (alternativ: enger, aber eindeutiger: nur wegen Besorgnis der Befangenheit) abgelehnt werden. Für diesen Fall kann von der ablehnenden Partei bei der Industrie- und Handelskammer die Bestimmung eines Ersatzgutachters beantragt werden.
Die Kosten des Schiedsgutachters tragen beide Parteien im Verhältnis zueinander je zur Hälfte.
(alternativ)
Die Kosten des Schiedsgutachtens trägt die nach den Feststellungen des Gutachters unterliegende Partei. Bei Teilunterliegen bestimmt sich die Verteilung der Kosten nach dem Verhältnis des jeweiligen Obsiegen oder Unterliegen.
Benennung eines Schiedsgutachters durch die IHK
Wenn Sie einen Antrag auf Benennung eines Schiedsgutachters durch die IHK Offenbach am Main einreichen möchten, bitten wir Sie der IHK folgende Unterlagen zur Verfügung zu stellen:
Antragsschreiben
- Sachverhalt schriftlich schildern; was genau ist zu begutachten, landungsfähige Anschriften der Vertragsparteien
- Kopie der Deck-/Titelseite vom betreffenden Vertrag
Auszug aus dem Vertrag
- Kopie der Schiedsgutachtenklausel ( u. a. wegen vereinbartem Gutachtenauftrag und –umfang)
- Kopie der letzten Seite des Vertrages mit den Vertragsunterschriften der Parteien (zur Dokumentation des Vertragsabschlusses)
Liegt das Antragsschreiben der IHK vor, wird zeitnah ein fachlich geeigneter Sachverständiger ermittelt. Die IHK befragt den Sachverständigen nach eventuellen offensichtlichen Befangenheitsgründen und ob er bereit und in der Lage ist, das Schiedsgutachten zu erstellen.
Sodann wird der Schiedsgutachter beiden Parteien gegenüber benannt.
Sollten gegen diesen Sachverständigen Einwände vorgebracht werden, dann erfolgt eine Prüfung dieser Einwände durch die IHK. Über die Gültigkeit oder das Vorliegen der Voraussetzungen der Schiedsgutachtenklausel des Vertrages entscheidet nicht die IHK; die Benennung erfolgt auf Antrag und Gefahr der betreibenden Parteien.
Der als Schiedsgutachter benannte Sachverständige wird ebenfalls angeschrieben und erhält das Antragsschreiben mit Anlagen in Kopie.
Was kostet ein Schiedsgutachten?
Es gibt keine verbindliche Gebühren- oder Honorarordnung für die Tätigkeit von Sachverständigen als Schiedsgutachter. Die Honorare werden frei ausgehandelt, es sei denn auf bestimmten Spezialgebieten gibt es dafür besondere Vorschriften.
In der Regel rechnen die Sachverständigen nach Stundensätzen ab. Je nach Sachgebiet sind die Stundensätze zwischen 100 und 250 Euro üblich.
Es können aber auch Pauschalhonorare vereinbart werden. Dazu gehört auch eine Vereinbarung über den eventuellen Ersatz von Auslagen (Hilfskräfte, Schreibkosten, Fahrtkosten, Übernachtung usw.) und die Zahlung eines Vorschusses.
Wegen des weiteren Fortgangs des Verfahrens, insbesondere wegen der Honorarvereinbarung, des Termins usw. setzen sich die Parteien unmittelbar mit dem Schiedsgutachter in Verbindung.
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IHK Offenbach am Main
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