Menü ausblenden
Insolvenz - Hinweise für Schuldner
1. Bin ich dazu verpflichtet, einen Insolvenzantrag zu stellen?
Eine Pflicht zur Stellung des Insolvenzantrages besteht nach § 15a Abs. 1 und 2 InsO bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung für juristische Personen (beispielsweise die GmbH) und für rechtsfähige Personengesellschaften, für deren Schulden kein persönlich haftender Gesellschafter einsteht (insbesondere die GmbH & Co. KG). Für andere Personengesellschaften gibt es keine entsprechende Pflicht. Die Antragstellung hat ohne schuldhaftes Zögern, spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und sechs Wochen nach Eintritt der Überschuldung zu erfolgen.
In der Pflicht sind die Vertretungsorgane, also beispielsweise die Geschäftsführer im Falle der GmbH. Befindet sich die Gesellschaft in Liquidation, sind die Liquidatoren zur Antragstellung verpflichtet. Bei einer führungslosen GmbH obliegt sie jedem Gesellschafter, dem der Eröffnungsgrund bekannt war.
2. Woher weiß ich überhaupt, dass ich insolvent bin?
Die Feststellung, ob eine (drohende) Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung gegeben ist, ist nicht immer leicht, es stellen sich sowohl rechtliche als auch wirtschaftliche Fragen. Hilfestellungen können insbesondere Steuerberater und im Insolvenzrecht spezialisierte Rechtsanwälte geben. Diese kann man beispielsweise über die Online-Suchdienste der örtlich zuständigen Rechtsanwalts- bzw. Steuerberaterkammer finden.
3. Was passiert, wenn ich den Insolvenzantrag zu spät stelle?
Den Insolvenzantrag entgegen der Pflicht aus § 15a Abs. 1 und 2 InsO nicht, nicht rechtzeitig oder nicht richtig zu stellen, ist strafbar (sogenannte „Insolvenzverschleppung“). Das gilt auch dann, wenn dem Verpflichteten lediglich Fahrlässigkeit vorgeworfen werden kann. Neben dieser strafrechtlichen Folge hat die Insolvenzverschleppung auch eine zivilrechtliche Dimension, da sich Schadensersatzansprüche gegen den Verpflichteten ergeben können. Dies kann sogar bedeuten, dass ein GmbH-Geschäftsführer persönlich für die Schulden der insolventen Gesellschaft eintreten muss.
Aber auch wenn keine Insolvenzantragspflicht besteht, ist Vorsicht geboten, da neben zivilrechtlichen auch strafrechtliche Risiken bestehen: Das Strafgesetzbuch (StGB) enthält insbesondere in den §§ 283 bis 283d einen Katalog möglicher Straftaten rund um die In-solvenz. So drohen beispielsweise strafrechtliche Sanktionen, wenn die Gläubigerbefriedigung durch das Wegschaffen von Vermögensgegenständen gefährdet wird und auch auf eine etwaige Restschuldbefreiung haben solche Handlungen Auswirkungen (s. Frage 13).
4. Welches Insolvenzgericht ist für mich zuständig?
Insolvenzgericht ist regelmäßig dasjenige Amtsgericht eines Landgerichtsbezirks, in dessen Bezirk das Landgericht seinen Sitz hat.
Die örtliche Zuständigkeit richtet sich nach dem allgemeinen Gerichtsstand des Schuldners. Das ist in der Regel der Geschäftssitz. Liegt der Mittelpunkt der selbstständigen Tätigkeit an einem anderen Ort, ist ausschließlich das Insolvenzgericht zuständig, in dessen Bezirk dieser Ort liegt. Bei mehreren Standorten kommt es auf das Zentrum der unternehmerischen Tätigkeit an. Bei Verbraucherinsolvenzverfahren (ggf. relevant für ehemals Selbstständige) ist der Wohnsitz des Schuldners entscheidend.
5. Wo finde ich die Antragsformulare?
Die Antragsformulare und erläuternde Merkblätter werden insbesondere in den Justizportalen der Länder online bereitgestellt (https://ordentliche-gerichtsbarkeit.hessen.de/themen-der-ordentlichen-gerichtsbarkeit/formulare-und-merkblaetter)
6. Welche Unterlagen brauche ich für den Insolvenzantrag?
Der schriftliche Insolvenzantrag durch den Schuldner („Eigenantrag“) muss die Parteien so benennen, dass eine Identifizierung der betroffenen Vermögensmassen möglich ist und er muss eine schlüssige und nachvollziehbare Darlegung des Insolvenzgrundes enthalten. Dem Antrag ist zwingend ein Verzeichnis der Gläubiger und ihrer Forderungen beizufügen (Gläubigerverzeichnis).
Wenn der Geschäftsbetrieb des Schuldners nicht eingestellt ist, sind zusätzlich Angaben zur Bilanzsumme, zu den Umsatzerlösen und zur durchschnittlichen Zahl der Arbeitnehmer des vorangegangenen Geschäftsjahres nötig. Bei großen Unternehmen im Sinne des § 22a InsO bestehen in diesem Fall außerdem besondere Anforderungen an das Gläubigerverzeichnis. Besonders kenntlich gemacht werden müssen darin
- die höchsten Forderungen,
- die höchsten gesicherten Forderungen,
- die Forderungen der Finanzverwaltung,
- die Forderungen der Sozialversicherungsträger sowie
- die Forderungen aus betrieblicher Altersversorgung.
Kleine Unternehmen sollen diese Forderungen prinzipiell ebenfalls besonders kenntlich machen, zwingend vorgeschrieben ist es aber nur, wenn Eigenverwaltung oder die Einset-zung eines vorläufigen Gläubigerausschusses beantragt wurde.
7. Kann auch ein Unternehmen ein Verbraucherinsolvenzverfahren durchlaufen?
Sofern es sich um eine natürliche Person handelt, überschaubare Vermögensverhältnisse (also weniger als 20 Gläubiger) gegeben sind und keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen bestehen, hat der unternehmerisch tätige Schuldner die Möglichkeit, durch die Beendigung und Abmeldung seines Gewerbes anstelle des Regel- ein Verbraucherinsolvenzverfahren zu durchlaufen.
Ein wesentlicher Unterschied besteht darin, dass dem Verbraucherinsolvenzverfahren zwingend ein außergerichtlicher Einigungsversuch vorausgehen muss und dadurch unter Umständen mehr Zeit in Anspruch nehmen kann als das Regelinsolvenzverfahren. Nur, wenn dieser Einigungsversuch scheitert (dazu reicht schon das Schweigen nur eines Gläubigers), kann das Insolvenzverfahren durchlaufen werden. Dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist die Bescheinigung einer geeigneten Stelle über das Scheitern des außergerichtlichen Einigungsversuchs und auch ein Schuldenbereinigungsplan beizufügen. Ob ein Schuldenbereinigungsverfahren (das die Wirkungen eines gerichtlichen Vergleichs hat) oder das Insolvenzverfahren durchgeführt wird, haben letztlich wieder die Gläubiger in der Hand.
Geeignete Stellen sind nicht nur Rechtsanwälte, sondern es gibt verschiedenste Beratungsstellen mit teils umfangreichen Angeboten. In Hessen hält das Verwaltungsportal Hessen nützliche Hinweise und Informationen zu Schuldnerberatungsstellen bereit (https://verwaltungsportal.hessen.de/leistung?leistung_id=L100001_8964740). Viele dieser Beratungsstellen beschränken sich auf die Beratung zu Verbraucherinsolvenzverfahren, sodass eine Inanspruchnahme nur dann möglich ist, wenn eben dieses Verfahren durchlaufen wird.
8. Das restliche Vermögen reicht nicht aus, um die Verfahrenskosten zu decken. Wie kann ich eine Abweisung mangels Masse verhindern?
Das Insolvenzverfahren wird nur dann eröffnet, wenn das Vermögen des Schuldners voraussichtlich ausreichen wird, um die Verfahrenskosten (im Wesentlichen die Gerichtskosten und die Kosten für den Insolvenzverwalter) zu decken. Andernfalls erfolgt eine Abweisung mangels Masse. Die Abweisung mangels Masse kann verhindert werden, wenn ein Kostenvorschuss geleistet wird oder wenn der Schuldner eine natürliche Person ist und erfolgreich einen Antrag auf Verfahrenskostenstundung beim Insolvenzgericht stellt.
9. Wie hafte ich als Unternehmer?
Wie der Unternehmer für die Verbindlichkeiten seines Unternehmens haftet, hängt von der gewählten Rechtsform ab. Einzelunternehmer und Gesellschafter von Personengesellschaften haften (mit Ausnahme der Kommanditisten im Rahmen einer Kommanditgesellschaft) mit ihrem gesamten Privatvermögen, wohingegen Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft im Regelfall nicht persönlich haften, stattdessen steht nur das Gesellschaftsvermögen zur Gläubigerbefriedigung zur Verfügung. Es gibt jedoch auch Situationen, in denen diese Haftungsbeschränkung durchbrochen wird, insbesondere ist hier die Insolvenzverschleppung zu nennen. Persönlich haftende Gesellschafter von rechtsfähigen Personengesellschaften erfahren während der Dauer des Insolvenzverfahrens einen gewissen Schutz dadurch, dass ihre persönliche Haftung für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft in dieser Zeit nur vom Insolvenzverwalter geltend gemacht werden können und nicht durch jeden Gläubiger. An der Haftung an sich ändert dies jedoch nichts, sodass auch ein separates Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschafter in Betracht kommen kann.
10. Wie kann ich schuldenfrei werden? Was hat es mit dem Restschuldbefreiungsverfahren auf sich?
Mit dem Insolvenzantrag verfolgen Schuldner das Ziel, finanziell neu zu beginnen. Natürliche Personen (sowohl Unternehmer als auch Verbraucher) können dies durch die sogenannte Restschuldbefreiung erreichen. Diese bewirkt, dass der Schuldner von den im Insolvenzverfahren nicht erfüllten Verbindlichkeiten gegenüber den Insolvenzgläubigern befreit wird.
Die Restschuldbefreiung wird jedoch nicht automatisch erteilt und auch nicht immer bereits mit Abschluss des Insolvenzverfahrens. Vielmehr steht diese am Ende eines eigenen Verfahrens (des sogenannten Restschuldbefreiungsverfahrens), das nur auf Antrag des Schuldners durchgeführt wird.
Dieser Antrag soll mit dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens verbunden werden. Fehlt er, so muss das Gericht darauf hinweisen und der Schuldner hat zwei Wochen Zeit, um den Antrag nachzuholen. Wird der Insolvenzantrag durch einen der Gläubiger gestellt, informiert das Gericht darüber den Schuldner. Dieser hat dann die Gelegenheit, binnen zwei Wochen einen eigenen Insolvenzantrag verbunden mit dem Antrag auf Restschuldbefreiung zu stellen. Dem Antrag auf Restschuldbefreiung muss eine Erklärung beigefügt werden, in der der Schuldner erklärt, dass er seine pfändbaren Forderungen auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis oder auf an deren Stelle tretende laufende Bezüge für den Zeitraum von drei Jahren nach der Verfahrenseröffnung an einen vom Gericht bestimmten Treuhänder abtritt (Abtretungserklärung).
Das Restschuldbefreiungsverfahren beginnt mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, endet aber unter Umständen erst deutlich nach dessen Abschluss, da die Dauer des Restschuldbefreiungsverfahrens an die Dauer der Abtretungserklärung geknüpft ist. Diese wurde durch das Gesetz zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens für alle ab dem 1. Oktober 2020 beantragten Insolvenzverfahren von grundsätzlich sechs auf drei Jahre verkürzt. Diese Kürzung gilt sowohl für das Privat- als auch das Regelinsolvenzverfahren. Wenn dem Schuldner auf Grundlage eines nach dem 30. September 2020 gestellten Antrags bereits einmal Restschuldbefreiung erteilt wurde, beträgt die Abtretungsfrist in einem erneuten Verfahren jedoch fünf Jahre. Der Zeitraum zwischen Beendigung des Insolvenzverfahrens und Erteilung der Restschuldbefreiung wird Wohlverhaltensperiode genannt. Auch in dieser Zeit ist der Schuldner vor Zwangsvollstreckungsmaßnahmen durch Insolvenzgläubiger geschützt.
11. Gibt es Forderungen, die von der Restschuldbefreiung ausgenommen sind?
Von der Restschuldbefreiung sind nur Insolvenzforderungen umfasst, also nur solche, die zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits begründet waren. Nicht umfasst sind damit Neuverbindlichkeiten.
Darüber hinaus sieht das Gesetz vor, dass Verbindlichkeiten aus vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlungen, aus rückständigem gesetzlichem Unterhalt, der vorsätzlich pflichtwidrig nicht gewährt wurde und aus Steuerstraftaten nicht von der Restschuldbefreiung berührt werden. Dasselbe gilt für Geldstrafen und diesen gleichgestellten Verbindlichkeiten des Schuldners sowie Verbindlichkeiten aus zinslosen Darlehen, die dem Schuldner zur Begleichung der Kosten des Insolvenzverfahrens gewährt wurden. Es ist damit nicht in jedem Fall möglich, sich mit Hilfe eines Insolvenzverfahrens von allen vorhandenen Schulden zu befreien.
12. Muss ich mich an bestimmte Verhaltensregeln halten, um schuldenfrei zu werden?
Die Restschuldbefreiung soll nur dem „redlichen“ Schuldner zugutekommen. Wichtigstes Element ist damit zunächst die Abtretungserklärung, denn der Schuldner hat während des Insolvenzverfahrens (und ggf. auch für eine bestimmte Zeit darüber hinaus) dafür Sorge zu tragen, die wirtschaftlichen Einbußen der Gläubiger möglichst gering zu halten. Um von der Restschuldbefreiung profitieren zu können, muss der Schuldner daher eine angemessene Erwerbstätigkeit ausüben und sich, wenn er ohne Beschäftigung ist, um eine solche bemühen und darf keine zumutbare Tätigkeit ablehnen. Für Selbstständige bedeutet dies, dass sie die Insolvenzgläubiger durch Zahlungen an den Treuhänder so zu stellen haben, als wenn sie ein angemessenes Dienstverhältnis eingegangen wären. Schuldhafte Verstöße gegen diese sogenannte Erwerbsobliegenheit können auf Antrag eines Gläubigers zur Versagung der Restschuldbefreiung führen.
Es gibt aber auch weitere Verhaltenspflichten, deren Nichtbeachtung die Restschuldbefreiung gefährden. So können beispielsweise unrichtige oder unvollständige Angaben mit dem Zweck, einen Kredit zu erhalten, die Verschwendung von Vermögen oder Verletzungen von Auskunfts- und Mitwirkungspflichten im Rahmen des Insolvenzverfahrens in einer Versagung der Restschuldbefreiung resultieren.
13. Gibt es Situationen, in denen eine Restschuldbefreiung für mich nicht in Betracht kommt?
Der Antrag auf Restschuldbefreiung ist von vornherein unzulässig, wenn in den zurückliegenden elf Jahren bereits Restschuldbefreiung erteilt wurde (für „Altfälle“, also Schuldner, denen letztmalig nach den bis einschließlich 30. September 2020 geltenden Vorschriften Restschuldbefreiung erteilt wurde, gilt eine Frist von zehn Jahren) sowie wenn in den vergangenen fünf Jahren die Restschuldbefreiung wegen einer Insolvenzstraftat oder in den letzten drei Jahren aus einem anderen im Gesetz genannten Grund (beispielsweise wegen der Verletzung von Auskunfts- oder Mitwirkungspflichten) versagt wurde.
14. Darf ich mein Unternehmen während der Insolvenz weiterführen?
Es ist prinzipiell möglich, das Unternehmen während der Insolvenz fortzuführen. Für natürliche Personen gibt es zwei denkbare Wege: Das Unternehmen kann unter der Leitung des Insolvenzverwalters weitergeführt werden oder der Insolvenzverwalter kann die selbstständige Tätigkeit freigeben. Erstgenannte Variante hat die Begründung von Masseverbindlichkeiten und ein hohes persönliches Haftungsrisiko für den Insolvenzverwalter zur Folge. Gibt der Insolvenzverwalter die selbstständige Tätigkeit frei, kann der Schuldner sein Unternehmen eigenverantwortlich weiterführen, der Erwerb wird nicht Teil der Insolvenzmasse und sie haftet auch nicht für etwaige Verbindlichkeiten. Diese Variante bietet für den Schuldner die Chance eines wirtschaftlichen „Resets“, aber auch das Risiko, Neuschulden zu generieren, von denen er sich nicht befreien kann. Auch ist die Erwerbsobliegenheit zu beachten, um nicht die Restschuldbefreiung zu gefährden.
15. Welche Wege gibt es, das Unternehmen zu retten?
Ziel des Insolvenzverfahrens ist es, die gleichmäßige Befriedigung der Gläubiger bestmöglich zu erreichen. Prinzipiell rentable Unternehmen zu zerschlagen, wäre dabei nicht zielführend. Aus diesem Grund kennt die Insolvenzordnung verschiedene Sanierungsinstrumente. Die wichtigsten Wege sind die sogenannte „übertragende Sanierung“, bei der das Unternehmen verkauft wird und das Insolvenzplanverfahren, bei dem das Unternehmen als solches erhalten bleibt. Darüber hinaus bietet das sogenannte StaRUG (Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen) solchen Unternehmen, denen eine Insolvenz droht, auch die Möglichkeit der Sanierung außerhalb eines Insolvenzverfahrens.
16. Was bedeutet „Insolvenz in Eigenverwaltung“?
Im Regelfall geht mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Befugnis des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und Verfügungen darüber zu treffen, auf den Insolvenzverwalter über. Möchte der Schuldner aber auch im Insolvenzverfahren die Geschicke seines Unternehmens weiter in den Händen halten, kann dies durch eine Insolvenz in Eigenverwaltung erreicht werden. Anders als bei der Freigabe (s. Frage 14) führt der Schuldner sein Unternehmen dabei aber nicht außerhalb des Insolvenzverfahrens fort.
Der Unterschied zwischen klassischer Insolvenz und Insolvenz in Eigenverwaltung liegt in der abweichenden Zuweisung der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis an den Schuldner, es handelt sich aber nicht um ein eigenständiges Verfahren und auch bei der Insolvenz in Eigenverwaltung steht die bestmögliche Gläubigerbefriedigung im Vordergrund. Aus diesem Grund setzt die Anordnung des Gerichts beispielsweise auch voraus, dass der Schuldner eine vollständige und schlüssige Eigenverwaltungsplanung einreicht und scheidet von vornherein aus bzw. kann wieder zurückgenommen werden, wenn der Schuldner schwerwiegend gegen insolvenzrechtliche Pflichten verstößt. Überwacht wird der Schuldner im Eigenverwaltungsverfahren von einem Sachwalter (dessen vorherige Zustimmung soll beispielsweise eingeholt werden, wenn eine Verbindlichkeit eingegangen wird, die nicht zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb gehört) und auch der (vorläufige) Gläubigerausschuss hat wichtige Einflussnahmemöglichkeiten. So kann dieser die Anordnung der (vorläufigen) Eigenverwaltung durch einstimmigen Beschluss verhindern. Außerdem hat der Schuldner vor der Vornahme von Rechtshandlungen, die für das Insolvenzverfahren von besonderer Bedeutung sind, die Zustimmung des Gläubigerausschusses einzuholen.
Das Eigenverwaltungsverfahren ist nur im Regel-, nicht aber im Verbraucherinsolvenzverfahren möglich.
17. Was ist das Schutzschirmverfahren?
Das Schutzschirmverfahren ist ein eigenständiges Verfahren zur Vorbereitung der Unter-nehmenssanierung. Der Schutz besteht in der Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung und soll dem Unternehmer die Möglichkeit bieten, einen Insolvenzplan auszuarbeiten und hierfür auch Ressourcen aufzuwenden. Das Schutzschirmverfahren ist damit also in das Eigenverwaltungsverfahren eingebettet. Neben dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und dem Eigenverwaltungsantrag ist hierfür eine mit Gründen versehene Bescheinigung eines in Insolvenzsachen erfahrenen Steuerberaters, Wirtschaftsprüfers oder Rechtsanwalts oder einer Person mit vergleichbarer Qualifikation nötig, aus der sich ergibt, dass drohende Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, aber keine Zahlungsunfähigkeit vorliegt und die angestrebte Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos ist. Auf Antrag ist auch ein Schutz vor Vollstreckungshandlungen möglich.
Das Insolvenzgericht bestimmt für die Ausarbeitung des Insolvenzplans eine Frist, die ma-ximal drei Monate beträgt. Nach Ablauf dieser Frist entscheidet das Gericht über den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung.
18. Was ist ein Insolvenzplan?
Der Insolvenzplan ist das zentrale Element des sogenannten Insolvenzplanverfahrens. Ziel dieses Verfahrens ist die Sanierung des insolventen Unternehmens unter Beibehaltung des Rechtsträgers. Beantragt wird das Insolvenzplanverfahren durch Vorlage des Insolvenzplans beim Insolvenzgericht. Antragsberechtigt sind der Schuldner und auch der Insolvenzverwalter, nicht aber die Gläubiger. Der Gläubigerausschuss kann jedoch den Insolvenzverwalter mit der Ausarbeitung eines Insolvenzplans beauftragen. Die Vorlage des Insolvenzplanes kann bereits mit dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen, ist aber auch noch im Laufe des eröffneten Verfahrens möglich. Mit der rechtskräftigen Bestätigung des Insolvenzplans durch das Insolvenzgericht wird das Insolvenzverfahren beendet, sofern der Plan selber nicht etwas anderes vorsieht.
Im Insolvenzplan können von der Insolvenzordnung abweichende Regelungen über die Gläubigerbefriedigung getroffen werden. Dazu enthält er einen darstellenden und einen gestaltenden Teil. Der darstellende Teil dient insbesondere der Information der Gläubiger. Diese haben eine maßgebliche Rolle, denn die Bestätigung des Insolvenzplans durch das Gericht, durch die die enthaltenen Regelungen erst verbindlich werden, setzt neben der Einhaltung bestimmter gesetzlicher Vorgaben auch die Zustimmung der Gläubiger voraus.
19. Wo kann ich Hilfe bekommen?
Die Insolvenz von Unternehmen ist komplex und kann vorab, währenddessen oder auch im Nachgang zu zahlreichen Fragen rechtlicher oder wirtschaftlicher Natur führen. Neben kommerziellen Anbietern (zu nennen sind insbesondere auf das Insolvenzrecht spezialisierte Rechtsanwälte oder auch Steuerberater) gibt es spezielle Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen, die sich jedoch häufig auf die Beratung in Verbraucherinsolvenzverfahren beschränken. Vor diesem Hintergrund bieten viele Industrie- und Handelskammern (teilweise in Kooperation mit spezialisierten Beratungsstellen) ihren Mitgliedsunternehmen Hilfestellungen.
Nützliche Anlaufstellen sind
- Rechtsanwaltskammer Hessen https://www.rak-ffm.de/
- Steuerberaterkammer Hessen https://www.stbk-hessen.de/
- Landesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung in Hessen e.V. https://www.schuldnerberatung-hessen.de/
- IHK-Expertengespräch Insolvenz
- Krise | Hilfe für Unternehmen | Informationen
- Schuldnerberatungsstellen Hessen
Die Auskunft über die nächstgelegene Schuldnerberatungsstelle ist abrufbar über das Servicetelefon des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend unter der Rufnummer 018 01 - 90 70 50 (Montag - Donnerstag von 07:00 - 19:00 Uhr; Anrufe aus dem Festnetz 9:00 - 18:00 Uhr 0,046 Euro, sonst 0,025 Euro pro angefangene Minute).
Lesen Sie weiter! Hier haben wir für Sie weitere Links zum Thema
IHK Offenbach am Main
Industrie- und Handelskammer
Offenbach am Main
Frankfurter Straße 90
63067 Offenbach am Main
Geschäftszeiten
Mo.-Do.: 08:00 - 17:00 Uhr
Freitags: 08:00 - 15:00 Uhr
+49 69 8207 0