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Fahrt aufnehmen beim Bürokratieabbau


[Offenbach am Main, 26. September 2023] Die Vollversammlung der Industrie- und Handelskammer (IHK) Offenbach am Main diskutierte in ihrer Sitzung am 21. September 2023 in Offenbach über die Bürokratiebelastung für Unternehmen. Im Mittelpunkt stand, wie praxistaugliche Lösungen bei der Politik wirkungsvoll platziert werden können.

Dr. Rainer Kambeck, Bereichsleiter Wirtschafts- und Finanzpolitik, Mittelstand bei der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), skizzierte in seinem Vortrag: „Bürokratie ist nicht nur ein negativer Standortfaktor und Wettbewerbsnachteil für deutsche Unternehmen. In Umfragen wird sie von Unternehmen als existenzgefährdend eingeschätzt und der Abbau von Bürokratiehemmnissen hat bei den Unternehmen höchste Priorität, wie unser letztes Unternehmensbarometer belegt. Bürokratische Belastungen ziehen sich durch alle Handlungsfelder in den Unternehmen von statistischen Berichts- und Meldepflichten über bauliche Genehmigungsverfahren, bis zu Finanzanforderungen und Nachhaltigkeitsberichten oder bei der Fachkräfteeinwanderung.“

Bürokratieabbau sei auch das Leitmotiv in den aktuellen politischen Ankündigungen, auf europäischer wie auf nationaler Ebene. „Dennoch stellen wir fest, dass immer mehr statt weniger Regulierungen auf die Wirtschaft zukommen. Das von der EU angekündigte 'One-In, One-Out'-Prinzip funktioniert nicht. Allein bis Juni kommen auf einen gestrichenen Rechtsakt fast fünf neue“, so Kambeck.

IHK-Präsidentin Kirsten Schoder-Steinmüller machte deutlich: „Wir werden durch überbordende Bürokratie mit unzähligen Detailregelungen belastet und in unserer unternehmerischen Tätigkeit ausgebremst. Entlastungen müssen für Unternehmen jetzt spürbar werden. Eine Reduzierung bürokratische Anforderungen wie übermäßige und doppelte Berichtspflichten ist die eine Sache. Notwendig ist, dass die Umsetzung erleichtert, Verwaltungsprozesse vereinfacht und digitalisiert werden und Gestaltungsspielräume genutzt werden können. Nur so kann unser Vertrauen in Politik wieder wachsen.“

Die DIHK hat einen Maßnahmenkatalog mit 30 konkreten Vorschlägen aus der Praxis der Unternehmen vorgelegt, um die politischen Ankündigungen in Fahrt und Umsetzung zu bringen.

Mit einem Einblick in die die politischen Entscheidungs- und Meinungsbildungsprozesse auf EU- und Bundesebene skizzierte Kambeck: „Die Stimme der Wirtschaft ist gefragt. Mit konkreten Lösungsvorschlägen sind wir im Gespräch mit der Politik bei der EU und in den Ministerien in Berlin. Dazu benötigen wir die Unterstützung insbesondere der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU). Nur wenn sie ihre Belastungen am konkreten Beispiel quantifizieren, werden sie greifbar und transparent.“

Alexander Heberer; Heberer GmbH & Co. KG, Mühlheim, und IHK-Vizepräsident beschrieb die Situation: „Wir bekommen im Tagestakt neue Verordnungen bzw. laufende Verschärfungen der Bestimmungen und ersticken förmlich an der überbordenden Bürokratie: von der Mehrwegpflicht über den Pakt gegen die Verschwendung von Lebensmitteln bis zur Ausweitung der LKW-Maut.“ Er schilderte ein Beispiel aus der Praxis: „Zur Herstellung von Weckmehl müssen wir heute extra dafür neu produzierte Brötchen einsetzen, die zudem energieintensiv einem Trocknungsprozess zu unterziehen sind. Stattdessen konnten früher bereits produzierte Brötchen, die nicht zum Verkauf kamen, genutzt werden. Die sind allerdings inzwischen separat zu entsorgen. Das ist weder nachhaltig noch aus Kostengründen nachvollziehbar.“

Manfred Schultheis, VIBRA MASCHINENFABRIK SCHULTHEIS GmbH & Co., Offenbach am Main, und stellvertretender Vorsitzender des DIHK-Mittelstandsausschusses forderte mit Blick auf die EU: „Bei EU-Maßnahmen müssen die Konsequenzen aus der Umsetzung für KMU viel stärker berücksichtigt werden. Aktuell bereits berichtspflichtige Großunternehmen reichen beim Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz die an sie gestellten Anforderungen an ihre Lieferanten im Mittelstand weiter. Nicht nur bei der geplanten Ausweitung der Berichtspflichten wie im Rahmen der EU-Taxonomie-Verordnung, sondern generell müssen die Kriterien der KMU-Definition und die finanziellen Schwellenwerte nach oben gesetzt werden. Nur so können wirksame Entlastungen erzielt werden.“

Die IHK-Präsidentin appellierte an die Unternehmen: „Die Beispiele zeigen, dass unsere Expertise gefragt ist, wie bei der anstehenden Evaluierung der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Jede neue Regelung muss zuvor einem Praxis-Check unterzogen werden. Nur der Verzicht auf nutzlose Vorschriften und vereinfachte Verfahren können den Unternehmen Gestaltungsspielraum schaffen. Wir brauchen mehr Tempo, jetzt.“

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