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Lieferkettengesetz für deutsche Unternehmen

Ihre Übersicht zum Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz sowie praktische Hilfestellungen

Der Bundestag hat im Juni 2021 das Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten (Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz oder kurz auch Lieferkettengesetz) verabschiedet. Ziel ist es, Menschenrechte und Umwelt in der globalen Wirtschaft besser zu schützen. Dafür müssen große Unternehmen Menschenrechte und Umweltstandards entlang ihrer gesamten Lieferkette beachten.

Auch die Europäische Kommission hat am 23. Februar 2022 einen Entwurf einer Richtlinie über Nachhaltigkeitspflichten von Unternehmen (EU Lieferkettengesetz) verabschiedet. Der Entwurf geht in weiten Teilen über den Anwendungsbereich des deutschen Lieferkettengesetzes und die darin enthaltenen Sorgfaltspflichten hinaus:

Ein Gesetz, mehrere Namen:

Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz ist auch unter den kürzeren Bezeichnungen Sorgfaltspflichtengesetz oder Lieferkettengesetz bekannt. Gemeint ist immer dasselbe Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten zu menschenrechtlichen und umweltbezogenen Risiken innerhalb der Lieferkette Ihres Unternehmens. Inhaltlich gibt es keinen Unterschied.

Mit dem Gesetz sollen Unternehmen ab einer bestimmten Größe dazu verpflichtet werden, Gefahren für die Umwelt oder Menschenrechte zu minimieren, vorzubeugen oder zu beenden. Das Lieferkettengesetz (abgekürzt LKSG) orientiert sich dabei an den Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte der Vereinten Nationen.

Das deutsche Lieferkettengesetz: Eckpunkte

Welche Unternehmen sind ab wann betroffen?

  • Das Lieferkettengesetz tritt zum 1. Januar 2023 in Kraft und verpflichtet in der ersten Stufe Unternehmen mit mehr als 3.000 Arbeitnehmenden und Sitz in Deutschland.
  • Zum 1. Januar 2024 wird der Anwendungskreis dann auf alle Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden erweitert. Ins Ausland entsandte Mitarbeiter sowie Leiharbeiter, die mindestens sechs Monate in dem Betrieb beschäftigt sind, werden dabei eingerechnet.

Welche Anforderungen formuliert das Lieferkettengesetz?

Die Bundesregierung erwartet von Unternehmen die Einführung eines 'unternehmerisch sorgfältigen' Prozesses in Hinblick auf die Achtung der Menschenrechte. Die Sorgfaltspflichten beziehen sich auf den eigenen Geschäftsbereich und unmittelbare Zulieferer. Für mittelbare Zulieferer gilt eine anlassbezogene Sorgfaltspflicht ‎, d.h. Unternehmen müssen bei Hinweisen auf mögliche ‎Rechtsverletzungen in der Lieferkette tätig werden. ‎

Die Sorgfaltspflichten begründen ausdrücklich eine Bemühens- und keine Erfolgspflicht. Unternehmen müssen also nachweisen können, dass sie die im Gesetz beschriebenen Sorgfaltspflichten umgesetzt haben, die vor dem Hintergrund ihres individuellen Kontextes machbar und angemessen sind. Dabei gilt: je stärker die Einflussmöglichkeit eines Unternehmens ist, je wahrscheinlicher und schwerer die zu erwartende Verletzung der geschützten Rechtsposition bzw. je größer der Verursachungsbeitrag eines Unternehmens ist, desto größere Anstrengungen können dem Unternehmen zur Vermeidung oder Beendigung einer Verletzung zugemutet werden.

Eine Orientierung zur Einordnung des Angemessenheitsbegriffs bietet die Handreichung des Bundesamtes für Ausfuhrkontrolle.

Was ist der politische Hintergrund?

Die im Gesetz definierten Sorgfaltspflichten leiten sich aus den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte ab. Diese wurden 2011 von den Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen verabschiedet. Sie sehen Staaten in der Verantwortung, Menschenrechte zu schützen, weisen aber ausdrücklich auch Unternehmen Verantwortung im Sinne einer menschenrechtlichen Sorgfalt zu. Mit Verabschiedung der UN-Leitprinzipien bekannten sich die Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen zu deren nationaler Umsetzung. Verschiedene europäische Staaten (u.a. Frankreich, Niederlande, Vereinigtes Königreich) haben in den Folgejahren bereits gesetzliche Regulierungen zur Stärkung der unternehmerischen Sorgfalt in globalen Wertschöpfungsketten verabschiedet.
Die Europäische Kommission legte am 23. Februar 2022 einen Richtlinienentwurf zu Nachhaltigkeitspflichten von Unternehmen in der Lieferkette vor, der deutlich über das deutsche Gesetz hinausgeht.

Was sind die Kernelemente menschenrechtlicher Sorgfalt?

  • Einrichtung eines Risikomanagements: Ein Verfahren, das (mögliche) negative Auswirkungen der Geschäftstätigkeit auf Menschenrechte identifiziert, ist Kern der unternehmerischen Sorgfalt. Unternehmen müssen zudem eine betriebsinterne Zuständigkeit festlegen und die Durchführung regelmäßiger Risikoanalysen sicherstellen.
  • Verabschiedung einer Grundsatzerklärung zur Achtung der Menschenrechte: Aus einer von der Unternehmensleitung verabschiedeten Grundsatzerklärung soll deutlich werden, dass das Unternehmen der Verantwortung zur Achtung der Menschenrechte nachkommt.
  • Verankerung von Präventionsmaßnahmen und Ergreifung von Abhilfemaßnahmen: Basierend auf den Ergebnissen der Risikoanalyse sollen Maßnahmen zur Abwendung potenzieller und tatsächlicher negativer Auswirkungen identifiziert und in die Geschäftstätigkeit integriert werden. Diese können beispielsweise Schulungen von Mitarbeitern und Lieferanten, Anpassungen von Managementprozessen und den Beitritt zu Brancheninitiativen beinhalten.
  • Einrichtung eines Beschwerdeverfahrens: Ein unternehmensinterner oder externer Beschwerdemechanismus soll es jedem ermöglichen, auf (mögliche) nachteilige Auswirkungen der Geschäftstätigkeit des Unternehmens auf die Menschenrechte hinzuweisen.
  • Dokumentation und Berichterstattung: Die Erfüllung der Sorgfaltspflichten ist unternehmensintern fortlaufend zu dokumentieren. Das Unternehmen hat jährlich einen Bericht über die Erfüllung seiner Sorgfaltspflichten im vergangenen Geschäftsjahr zu erstellen und auf seiner Internetseite zu veröffentlichen.

Wie soll das Lieferkettengesetz durchgesetzt werden?

Das Gesetz sieht eine behördliche Überwachung mit Bußgeldern vor. Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) ist die zuständige Aufsichtsbehörde und mit umfassenden Kompetenzen ausgestattet. Sofern ein Unternehmen die Zusammenarbeit verweigert, kann die BAFA ein Zwangsgeld von bis zu EUR 50.000 verhängen. Verstößt ein Unternehmen vorsätzlich oder fahrlässig gegen die vorgeschriebenen Sorgfaltspflichten, so kann die BAFA ein Bußgeld verhängen, dass sich am Gesamtumsatz des Unternehmen orientieren soll (bis zu 8 Mio. Euro oder 2% des Jahresumsatzes bei Unternehmen mit mehr als 400 Mio. Euro Umsatz). Auch kann das Unternehmen bei einem schweren Verstoß für bis zu drei Jahre von öffentlichen Ausschreibungen ausgeschlossen werden.

Sie haben weitere offene Fragen zum Lieferkettengesetz? Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat einen Katalog der meist gestellten Fragen und Antworten zum LkSG veröffentlicht.


EU-Lieferkettengesetz: Richtlinienvorschlag der Europäischen Kommission

Am 23. Februar 2022 hat die Europäische Kommission hat den Entwurf einer Richtlinie über Nachhaltigkeitspflichten von Unternehmen („EU Lieferkettengesetz“) verabschiedet. Der Entwurf geht in weiten Teilen über den Anwendungsbereich des deutschen Lieferkettengesetzes und die darin enthaltenen Sorgfaltspflichten hinaus:

  • Der Anwendungsbereich soll nach dem Entwurf für Unternehmen ab 500 Mitarbeitenden und mind. 150 Mio. EUR Jahresumsatz weltweit sowie EU-Unternehmen in Hochrisikosektoren ab 250 Mitarbeitenden und mind. 40. Mio. EUR Jahresumsatz weltweit gelten. Auch ausländische Unternehmen sind unter bestimmten Voraussetzungen erfasst.
  • Umwelt- und Klimathemen sollen stärker in den Fokus gerückt werden. So beziehen sich die Sorgfaltspflichten auf weitaus mehr Umweltthemen (u.a. Erhalt der biologischen Vielfalt) und die Geschäftsleitung wird verpflichtet, die Einhaltung des 1,5 Grad Ziels in ihrer Geschäftsstrategie zu gewährleisten. Die Zielerreichung soll sich auch in der variablen Vergütung widerspiegeln.
  • Die besondere Sorgfaltspflicht der Geschäftsleitung soll Umsetzung und Überwachung der Sorgfaltspflicht gewährleisten. Die EU Mitgliedsstaaten sollen hierzu den gesetzlichen Rahmen für Verstöße gegen diese Vorgaben schaffen.
  • Der Richtlinienentwurf sieht zudem eine verwaltungsrechtliche als auch eine zivilrechtliche Haftung für Unternehmen vor. Das bedeutet Geldstrafen und die Möglichkeit, Unternehmen zu verklagen, wenn sie sich ihren Sorgfaltspflichten entziehen. Dabei bleibt es den EU-Ländern überlassen, zu entscheiden, was "abschreckende, wirksame Sanktionen" sind.

Der Vorschlag wird nun dem Europäischen Parlament und dem Rat zur Billigung vorgelegt. Sowohl das Europäische Parlament als auch der Europäische Rat hatten die Kommission bereits in 2021 aufgerufen, auf dem Gebiet tätig zu werden. Der erste (weitergehende) Vorschlag für ein Europäisches Lieferkettengesetz wurde bereits im Frühjahr 2021 vorgelegt. Weitere intensive Debatten im EP und Rat sowie Änderungen im Entwurf sind nicht ausgeschlossen.

Nach der Annahme haben die Mitgliedstaaten zwei Jahre Zeit, die Richtlinie in innerstaatliches Recht umzusetzen und der Kommission ihre Umsetzungsvorschriften zu übermitteln. Das deutsche Gesetz müsste dem aktuellen Entwurf nach bereits bald verschärft werden.


Unterstützungsangebote zum Lieferkettengesetz für Unternehmen

Die Bundesregierung hat mit dem Helpdesk Wirtschaft und Menschenrechte der Agentur für Wirtschaft und Entwicklung eine zentrale Anlaufstelle für alle Fragen zu menschenrechtlicher Sorgfalt ins Leben gerufen. Das Helpdesk berät Unternehmen kostenfrei bei der Implementierung der fünf Kernelemente, organisiert individuelle Schulungen und stellt zwei wichtige online Tools für Unternehmen zur Verfügung:

Das Deutsche Global Compact Netzwerk unterstützt Unternehmen bei der Wahrnehmung ihrer menschenrechtlichen Sorgfalt durch Prozesshilfen, Zugang zu Self-Assessment-Tools und Argumentationshilfen auf dem Portal www.globalcompact.de. So können beispielsweise Webinare zu den einzelnen Kernelementen menschenrechtlicher Sorgfalt online abgerufen werden.

Zum Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte (NAP) und zur Umsetzung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG) hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales eine Übersicht mit bestehenden Unterstützungsangeboten veröffentlicht. Es bietet auch eine Liste von Fragen und Antworten zum Lieferkettengesetz.

Die Business-Scouts for Development beraten im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit une Entwicklung Unternehmen zu Aktivitäten in Entwicklungs- und Schwellenländern.

 


▶️ YouTube-Videos EU-Sorgfaltspflichten für globale Lieferketten

Chancen und Risiken für Unternehmen

Deutsche Version                  English version

Das Lieferkettengesetz hat große Auswirkungen auf Unternehmen. Die damit verbundene Bürokratie muss praxistauglich sein und Unternehmen nicht überfordern. Daher ist der direkte Dialog von Unternehmen mit Politik und Gesetzgebern vor Verabschiedung des Gesetzes immens wichtig. Gemeinsam mit den IHK-Dachverbänden auf Bundes- und Landesebene (DIHK und HIHK) gibt es zahlreiche Gespräche mit EU-Abgeordneten und Mitgestaltern des Gesetzes, bei denen die IHK Offenbach sehr aktiv engagiert ist.

Wie diese Interessensvertretung live aussieht, können sie in der Video-Aufzeichnung (deutsch) der Diskussionsveranstaltung vom 23.03.22  zum Thema EU-Sorgfaltspflichten für globale Lieferketten in Brüssel sehen. Grußwort hatte unsere Präsidentin Kirsten Schoder-Steinmüller, mit diskutiert hat IHK-Expertenratsvorsitzenden und Geschäftsführer der MATO GmbH & Co. KG aus Mühlheim am Main Hans-Christian Richter.

EU due diligence for global supply chains

Risks and opportunities for companies

The Supply Chain Act has a major impact on companies. The resulting bureaucracy must be practicable and not overwhelm companies. Therefore, the direct dialogue between companies and political legislators is very important. Together with the IHK umbrella organisations at federal and state level (DIHK and HIHK), numerous discussions with MEPs and co-creators of the law take place. IHK Offenbach has a very active role in these dialogues.

What this looks like live can be seen in the video recording of the discussion event on 23.03.22 on EU due diligence for global supply chains in Brussels. Our President Kirsten Schoder-Steinmüller gave a welcoming speech, while Hans-Christian Richter, Chairman of the Chamber of Industry and Commerce Expert Council and Managing Director of MATO GmbH & Co. KG from Mühlheim am Main, represented SMU companies in the discussion.

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