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Innergemeinschaftlicher Erwerb

Bei Wareneinfuhren aus EU-Ländern tritt an Stelle der Einfuhrumsatzsteuer der Tatbestand des innergemeinschaftlichen Erwerbs (§ 1 Absatz 1 Nr. 5 UStG, § 1a UStG). Das heißt, dass unternehmerische Leistungsempfänger und andere Erwerbssteuerpflichtige für Importe aus anderen EU-Ländern keine Einfuhrumsatzsteuer an den Zoll bezahlen müssen, sondern eine Erwerbsbesteuerung durchzuführen haben. Sie bildet quasi das Spiegelbild zur steuerfreien innergemeinschaftlichen Warenlieferung.

 

Voraussetzungen

Ein innergemeinschaftlicher Erwerb liegt unter folgenden Voraussetzungen vor: 

  • Ein Gegenstand gelangt bei einer Lieferung an den Abnehmer (Erwerber) aus dem Gebiet eines EU-Mitgliedstaates in das Gebiet eines anderen EU-Mitgliedstaats, oder aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet in die in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete, auch wenn der Lieferer den Gegenstand in das Gemeinschaftsgebiet eingeführt hat und 
  • der Erwerber ist ein Unternehmer der den Gegenstand für sein Unternehmen erwirbt oder eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand nicht für ihr Unternehmen erwirbt, und 
  • die Lieferung an den Erwerber wird durch einen Unternehmer gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausgeführt, und ist nach dem Recht des Mitgliedstaates, der für die Besteuerung des Lieferers zuständig ist, nicht aufgrund der Sonderregelung für Kleinunternehmer steuerfrei. 

Grundprinzip: Demnach liegt ein innergemeinschaftlicher Erwerb vor, wenn ein Gegenstand bei einer Lieferung an den Abnehmer (Erwerber) von einem EU-Mitgliedstaat in einen anderen EU-Mitgliedstaat gelangt. Es muss sich also immer um die Lieferung eines beweglichen körperlichen Gegenstandes gegen Entgelt handeln, bei der der Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat steuerpflichtig ist. Lieferungen aus einem Drittland in einen EU-Mitgliedstaat schließen die Erwerbsteuerpflicht prinzipiell aus.
 
Hier verbleibt es bei der Einfuhrumsatzbesteuerung im Inland (vgl. hierzu IHK-Merkblatt „Steuerliche Behandlung einer Warenlieferung aus dem Drittland – Einfuhr“).

Ausnahme für einen bestimmten Personenkreis

Der Erwerber der Gegenstände muss grundsätzlich ein Vollunternehmer sein. Nicht der Erwerbsbesteuerung unterliegen daher:

  • Unternehmer, die ausschließlich Umsätze ausführen, die zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führen,
  • Unternehmer, die der Kleinunternehmerregelung (§ 19 Absatz 1 UStG) unterliegen,
  • Land- oder Forstwirte, die Umsatzsteuer pauschalieren,
  • juristische Personen, die nicht Unternehmer sind oder die Ware nicht für ihr Unternehmen beziehen (öffentliche Hand mit ihrem Hoheitsbereich, Vereine in Erfüllung ihrer satzungsmäßigen Aufgaben).

Hierbei ist allerdings zu beachten, dass dieser Personenkreis nur dann der Erwerbsbesteuerung nicht unterliegt, solange er

  • die Erwerbsschwelle von 12.500,00 € im vorangegangenen Kalenderjahr nicht überschritten hat, bzw. im laufenden Jahr voraussichtlich nicht überschreiten wird und
  • er nicht zur Erwerbsteuerpflicht "optiert" hat. Eine entsprechende Erklärung bindet für mindestens zwei Jahre. 


Hinweis: Durch das Jahressteuergesetz 2010 (JStG 2010 vom 8. Dezember 2010, BGB I, Nr. 62, S. 1768 ff.) gilt ab 2011 die Verwendung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer gegenüber dem Lieferanten als Verzicht auf die Erwerbsschwellenregelung.

Dieser Personenkreis wird daher auch als Halbunternehmer bezeichnet, da er umsatzsteuerlich unter gewissen Voraussetzungen (s. o.) auch als normaler Unternehmer behandelt wird.

Sonderregelungen

Erwerb neuer Fahrzeuge

Der innergemeinschaftliche Erwerb eines Neufahrzeugs wird unabhängig vom Status des Abnehmers immer als innergemeinschaftlicher Erwerb behandelt.

a) Für welche Fahrzeuge gilt die Regelung?

  • Motorbetriebene Landfahrzeuge mit einem Hubraum von mehr als 48 Kubik-zentimetern oder einer Leistung von mehr als 7,2 Kilowatt,
  • Wasserfahrzeuge mit einer Länge von mehr als 7,5 Metern,
  • Luftfahrzeuge, deren Starthöchstmasse mehr als 1550 Kilogramm beträgt.

b) Wann gilt ein Fahrzeug als „neu“?

  • Ein Landfahrzeug, wenn es entweder nicht mehr als 6.000 Kilometer zurückgelegt hat oder seine erste Inbetriebnahme im Zeitpunkt des Erwerbs nicht mehr als sechs Monate zurückliegt,
  • ein Wasserfahrzeug, wenn es nicht mehr als 100 Betriebsstunden auf dem Wasser zurückgelegt hat oder wenn seine erste Inbetriebnahme im Zeitpunkt des Erwerbs nicht mehr als drei Monate zurückliegt,
  • ein Luftfahrzeug, wenn es nicht länger als 40 Betriebsstunden genutzt worden ist oder wenn seine erste Inbetriebnahme im Zeitpunkt des Erwerbs nicht mehr als drei Monate zurückliegt.
Erwerb verbrauchssteuerpflichtiger Waren

Der innergemeinschaftliche Erwerb verbrauchsteuerpflichtiger Waren wird bei Halbunternehmern immer als steuerpflichtiger innergemeinschaftlicher Erwerb durchgeführt.
Verbrauchsteuerpflichtige Waren sind u. a.:
 

  • Mineralöl
  • Alkohol
  • alkoholischen Getränken und
  • Tabakwaren

Innergemeinschaftliches Verbringen

Das Verbringen eines Gegenstandes des Unternehmens aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet in das Inland durch den Unternehmer zu seiner Verfügung wird als innergemeinschaftlicher Erwerb fingiert, sofern der Gegenstand im Bestimmungsland nicht nur vorübergehend verwendet wird. Der Unternehmer gilt im Ausgangsmitgliedstaat als Lieferer, im Bestimmungsmitgliedstaat als Erwerber. 

Beispiel: Ein deutscher Unternehmer hat eine Maschine aus seiner französischen Betriebsstätte zu seinem Stammhaus in Hannover transportiert, um sie dort langfristig zu nutzen; es handelt es sich dabei um ein grenzüberschreitendes unternehmensinternes Verbringen. Dieser Vorgang wird grundsätzlich steuerlich in Frankreich wie eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung und in Deutschland wie ein steuerpflichtiger innergemeinschaftlicher Erwerb behandelt.

Ort des innergemeinschaftlichen Erwerbs

Der innergemeinschaftliche Erwerb wird gemäß § 3d UStG grundsätzlich in dem Gebiet des Mitgliedstaates bewirkt, in dem sich der Gegenstand am Ende der Beförderung oder Versendung befindet. Verwendet der Erwerber gegenüber dem Lieferer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, gilt der Erwerb so lange in dem Gebiet dieses Mitgliedstaates als bewirkt, bis der Erwerber nachweist, dass der Erwerb durch den in Satz 1 bezeichneten Mitgliedstaat besteuert worden ist. 

Steuersatz und Steuerbefreiungssondertatbestände

Der innergemeinschaftliche Erwerb unterliegt grundsätzlich dem gleichen Steuersatz wie die Lieferung eines erworbenen Gegenstandes im Inland, 19% bzw. 7%. Steuerfrei gemäß § 4b UStG ist der innergemeinschaftliche Erwerb u. a.:

• von Gegenständen die der Steuerfreiheit der Einfuhren entsprechen,
• der erworbene Gegenstand später steuerfrei in ein anderes EU-Land geliefert oder in ein Drittland ausgeführt wird.

 

Bemessungsgrundlage

Der Umsatz wird beim innergemeinschaftlichen Erwerb gemäß § 10 Abs. 1 UStG nach dem Entgelt bemessen. Entgelt ist alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, jedoch abzüglich der Umsatzsteuer. Zum Entgelt gehört auch, was ein anderer als der Leistungsempfänger dem Unternehmer für die Leistung gewährt. Bei dem innergemeinschaftlichen Erwerb sind Verbrauchsteuern, die vom Erwerber geschuldet oder entrichtet werden, in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen.

Entstehung der Steuer

Die Steuer entsteht für den innergemeinschaftlichen Erwerb gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 6 UStG mit Ausstellung der Rechnung, spätestens jedoch mit Ablauf des dem Erwerb folgenden Kalendermonats. Der Leistungsempfänger als Steuerschuldner hat diese in der Umsatzsteuer-Voranmeldung zu deklarieren.

 

Vorsteuerabzug

Die Steuer auf den Erwerb kann als Vorsteuer grundsätzlich gemäß § 15 Abs. 1 S.1 Nr. UStG in der Umsatzsteuer-Voranmeldung abgezogen werden, in der der innergemeinschaftliche Erwerb deklariert wird. 

Sonderregelung: Verwendet der Unternehmer bei einem innergemeinschaftlichen Erwerb gegenüber dem Lieferer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem sich der erworbene Gegenstand am Ende der Beförderung oder Versendung befindet, erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (§ 3d Satz 2 UStG), steht ihm der Vorsteuerabzug nach § 15 Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 UStG nicht zu, vgl. hierzu Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 7. Juli 2011

Umsatzsteuer-Voranmeldung

Die Umsatzsteuer-Voranmeldung zum innergemeinschaftlichen Erwerb beinhaltet Folgendes:
 

 


Der Vorsteuerabzug beim innergemeinschaftlichen Erwerb wird wie folgt abgezogen:

Hinweis

Wir danken der IHK für München und Oberbayern für die freundliche Zurverfügungstellung der Informationen. Dieses Merkblatt dient als erste Orientierungshilfe und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl es mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden. Die Veröffentlichung von Merkblättern ist ein Service der Industrie- und Handelskammer und kann eine Rechtsberatung im Einzelfall nicht ersetzen.

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